hallo Thomas,
Du schreibst:
>Farben sind das was wir sehen,
was meinst Du damit? Richtig wäre, dass Farbe die Erscheinungsform ist in der unsere Wahrnehmung bestimmte Wellenlängen registriert. Falsch wäre dass Farben eine Eigenschaft der Dinge ist. Dieser grundlegende Fehler liegt schon dem Farbmodell von Goethe zugrunde.
>.. nun mit physikalischen Modellen zu Arbeiten die aus technischer
>Sicht auch noch infrarot und ultraviolett und vielleicht auch noch
>Röntgenstrahlen die ja physikalisch auch nichts anderes sind,
>definieren zu können, bedeutet für uns als sehende Menschen doch
>nicht, das wir das dann auch als Farben zu verbuchen haben.
Da hast Du völlig Recht. Es hat aber auch niemand hier behauptet, das wir alle Wellenlängen sehen können.
>Und selbst wenn es das Modell zulässt macht es keinen Sinn.
Warum denn nicht? Wir verarbeiten Farben mit Rechenmaschinen. Unsere Computer rechnen permanent mit Farbwerten. Da ist ein "Farbmodell", das die physikalischen Werte wiedergibt doch das Naheliegendste von der Welt. Schließlich kann unser Computer nicht sehen aber prima mit Werten jonglieren.
Mein Vergleich mit der Stereoanlage macht doch deutlich:
a) Es macht keinen Sinn Frequenzen zu regeln die deutlich außerhalb des hörbaren Spektrums liegen - wie Du ja in Deinem Beispiel auch ausführst.
b) Es stört auch kein bisschen, wenn eine Stereoanlage Frequenzen wiedergeben kann, die ich als Individuum überhaupt nicht hören kann.
c) Wenn ich Musik machen möchte, die Menschen hören, dann sollte ich sie in einem "Frequenzraum" verwenden, der von Menschen auch hörbar ist. Nicht, dass das Konzert nur Fledermäuse oder Hunde genießen können.
Übertragen auf Farben bedeutet das:
a) Es macht keinen Sinn "Farben" in einem Wertebereich zu definieren, die nicht wahrgenommen werden können.
b) Es stört auch kein bisschen, wenn ein Farbraum in der Lage ist "Farben" zu beschreiben, die wir nicht sehen können.
Man könnte zwar drüber streiten ob die Begrenzung des *L*a*b-Farbraums des Photoshop so sinnvoll ist, ob man sie anders wählen sollte, oder gar keine vornehmen.
>Von daher spreche ich der Anlage nicht ab, das Sie Musik wiedergibt, >sondern ich spreche mir ab, das über die ganze Bandbreite zu >beurteilen, außer ich greife auf technische Hilfsmittel zurück.
Ich habe auch nie behauptet, dass ich den gesamten "Farbraum" L*a*b* beurteilen kann. Aber wofür oder wogegen soll das ein Argument sein?
>Ich hoffe das ich dir mit meiner flapsigen Art nicht zu nahe getreten
>bin, ich wollte dir nur zu verstehen geben, das du mit deinem >theoretischen ansatz eben auch von der Realität eingeholt wirst, >dabeispielt es keine so große Rolle, ob du den Lab Wert nun noch in >Illustrator definierst, aber dann spätestens bei der Profilierung der >Grafik erinnert wirst, das es da praktische Grenzen gibt, oder du dir >gleich bei der Farbdefinition darüber Gedanken machst, un dsomit >schon während der kompletten Gestaltung im Hinterkopf oder per >Proofansicht vor dir hast, um gegebenenfalls Abstriche zu machen.
Deine Beschreibung der "Realität" in Ehren, mein konkreter Fall hat damit nichts zu tun. Ich schildere Dir die Situation etwas detailierter, damit Du nachvollziehen kannst, warum hier das Arbeiten in einem medienneutralen L*a*b-Farbraum das einfachste und sinnvollste ist:
Die Vorgabe der Farbe stammt vom Lieferanten der Lacke die für die Verpackungsdrucke verwendet werden. Er liefert sehr anständige Farbmusterkarten, auf denen nicht nur der "ideale" Farbwert, sondern auch die maximalen Abweichungen innerhalb der festgelegten Toleranz definiert sind. Er gibt auch noch die XYZ-Werte der Farben an, man spart sich also sogar das Ausmessen. Diese Farben kann man nun - z.B. mit
http://www.brucelindbloom.com/ exakt in L*a*b*-Werte umrechnen.
Man könnte auch ermitteln, welche CMYK-Werte Offsetdruck im sonsoprofil "ähnlich" sind oder welche Pantone-Farben am "ähnlichsten" sind, aber das macht keinen Sinn, wenn - wie in meinem Fall - in einer Grafik, die auf Fotopapier ausgegeben wird eine möglichst gleiche Farbe erzeugt werden soll.
>Eine Geräteunabhämgige Defnition deiner Farben enthebt dich dem >Kunden gegenüber nicht von der Pflicht, dir über die praktische >Umsetzbarkeit Gedanken zu machen und gegebenenfalls den Kunden darauf >vorzubereiten, das er trotz oder gerade wegen der Lab Festsetzung der >Farben mit Abweichungen Leben muss.
Da hast Du völlig Recht, die Umsetzung in verschiedene Medien halte ich für äußerst wichtig. Aber man muss sich schon klar sein WAS man eigentlich umsetzen will. Wenn ich für einen Kunden der ausschließlich sein Logo im Vierfarbdruck reproduziert ein Farbschema definiere, dann werde ich vermutlich auch die CMYK-Werte zur Vorgabe machen. In meinem konkreten Fall war aber die individuell gefertigte Lackfarbe die Vorgabe!
>Was ich für einen Frevel halte ist der Marketing gerechte Umgang mit >wissenschaftlichen Fakten, die aber den realen Bezug missen lassen.
Und mich nervt es tierisch, wenn viele "Profis" die Probleme mit Farbmanagement haben - wer hat die übrigens nicht? - daraus ableiten, dass das sowieso alles nicht funktioniert. Mich nerven Repro- und Scanstudios die mir erzählen dass ICC-Profile im Profibereich keine Rolle spielen und sie nur CMYK-Daten liefern - und das im Jahr 2004. Vermutlich nur weil ihre Scananlage bereits seit 10 Jahren im Einsatz ist.
>Und da ich davon auch so einiges hier herumstehen hab, erlaube ich >mir hier mitunter an den real exisitierenden Farbraum zu erinnern.
Der real existierende Farbraum ist heute genauso real wie der real
existierende Sozialismus. Oder aber "nachts sind alle Katzen grau".
Grundsätzlich spricht Deine Kritik am L*a*b-Farbraum nicht gegen diesen Farbraum, sondern gegen Grafiker und Kreative, die sich bei der Festlegung von Farben keine Gedanken über die Konsequenzen machen. Wer also z.B. Pastelltöne in seinem Pantonefächer entdeckt, diese für ein Logo wählt, ohne sich über die Umsetzung im CMYK-Farbraum Gedanken zu machen und hinterher über die Verlage schimpft, welche die Anzeigen nicht in den "richtigen" Farben hinkriegen, obwohl der Kontrolldruck auf dem 8-Farb Tintenstrahldrucker "einwandfrei" war - der hat seinen Job verfehlt.
Diese Form der Unkenntnis hat aber nichts mit dem *L*a*b-Farbraum zu tun. Als Definition für eine "objektive" Farbe ist *L*a*b natürlich geeignet, weil eine objektive Aussage über Farbe getroffen wird. Eine einfache RGB-Angabe - wie ich sie auch schon in Design Manuals gelesen habe - ist dagegen nicht geeignet, da man daraus keine objektive Beschaffenheit der Farbe ableiten kann. Eine Angabe als HKS, Pantone, CMYK- oder ähnliches ist so gesehen zumindest problematisch, da die Institutionen von Zeit zu Zeit Änderungen vornehmen, die zu unterschiedlichen Farbwirkungen führen. Ich zitiere hierzu mal aus meinem aktuellen Pantonefächer: "...haben wir gestrichenes und mattes Papier verwendet, das heller als in früheren Ausgaben ist. Diese Faktoren beeinflussen die Spektralanalyse sowie die Darstellung einiger Farben auf dem Papier."
Ciao
Ralph