Ich glaube mit Statistiken kann man alles und nichts beweisen. Ich bin mir mittlerweile nicht mehr so sicher, ob wir als Industrie nicht mit dem aktuellen Set an DP-Tools auf dem Holzweg sind. Warum? Weil die Grundintentionen dahinter immer noch "Print" sind. Zwei Aspekte um das etwas auszuleuchten:
1) Technisch: Ich bezweifle, das unsere Print-Layouttools gute Tools für digitales Publizieren sind. Sie sind zu unflexibel, starr und monolithisch. "Digital" wirkt sehr oft nur eingeklebt. Wir hängen Enrichments auf die Seite und bedienen uns aus einem meist begrenzten und schwer zu handelnden Werkzeugkasten. Alleine schon, das wir überhaupt noch in Seiten denken und Enrichments immer als Add-On anstatt als integralen Bestandteil des Storytellings!
Der skizzierte Ansatz über responsivem HTML5-Output ist meiner Ansicht nach auch der Weg, da hier auch sofort eine andere Art des "Inhalte denkens" gefordert ist. Die Frage ist, mit welchen Tools wir diese Dinge produzieren (mal von CMS und Templates abgesehen).
[Ob wir diesen Output dann in eine App oder eine Website packen ist m.E. egal, heute muss meistens beides gemacht werden. Und auch hier wieder: Die wenigen Web-Ausgaben, die unsere DP-Tools heute produzieren können, wirken eher wie Flash-Blätterkataloge, denn wie echte Websites.] Ich denke, wenn die Print-Layoutprogramme nicht in der Lage sind, die dafür nötige Flexibilität zu zeigen, werden neue Tools entstehen (und tun es ja tlw. schon). Das führt natürlich dazu, dass wir dann viele Vorteile unserer schön integrierten Print-Workflows verlieren.
Ich denke, das wir da vor einem Wechsel stehen: Aktuell führen im Print "sozialisierte" Tools das digitale Publishing. Frisch für digitale Tools werden auch andere Ergebnisse liefern. Und dann werden sich auch die Workflows umbilden, bzw. neu formieren: Print->Digital zu Digital->Print oder – das einzig wahre – Story->Print/Digital.
2) Medial: Genauso wie unsere Tools heute monolithisch sind, ist es auch unser Verständnis von Publishing. Wir publizieren periodisch in sich geschlossene, "kuratierte" Zusammenstellungen von Inhalten. So funktionieren fast alle DP-Apps, egal ob von Publishern oder von Unternehmen. Das Problem ist, dass Digital so nicht funktioniert!
Anstatt monolithische Publishing-Blöcke rauszubringen, die in einer meist komplett abgeschotteten Umgebung existieren (wie Print!), braucht Digital eine andere Denke: Schnelle Zyklen (nicht zu verwechseln mit Hektisch und Bedeutungslos!), kleinere Einheiten, offen für die Community. Das Medium ist niemals "fertig" (wie Print!) sondern immer im Fluss. Wieder: Weder die aktuellen DP-Tools noch die unsere Vorgehensweisen sind auf diese Denke ausgerichtet.
Wir haben ein ganzes Buch über agile Prozesse geschrieben - meiner Ansicht nach der einzige Weg digitale Medien zu produzieren. Und auch unsere Inhalte und Publishing-Zyklen müssen agil werden um digital zu funktionieren.
Meiner Ansicht nach halten nur wenige DP-Apps diesem Anspruch an das Medium stand. Eben weil sie immer gedacht sind wie Print. Eben Periodika, optisch zwar tlw. umgehoben aber aber nicht inhaltlich und schon gar nicht intellektuell.
Ich denke, aktuelle Beispiele wie Medium, Circa, The Magazine zeigen in die Richtung – wohlgemerkt aus meiner Sicht Experimente wie Publishing neu gedacht werden kann, keine Best Practices.
Hier noch ein paar Lese-/Zühortipps rund um solche Überlegungen:
http://craigmod.com/journal/post_artifact/ http://craigmod.com/...bcompact_publishing/ http://vimeo.com/70387173 Meine 2 cents...
Georg Obermayr