Hallo anonymer Poster,
es fällt mir schwer in wenigen Sätzen auf diese komplexe Thematik einzugehen, da Sie ein Thema ansprechen, welches sehr viele unterschiedliche Blickwinkel zuläßt. Ich versuche mal so zu beginnen:
Macht es Sinn, dass jeder Dienstleister sein eigenes Prüf-Profil publiziert?
Jein! Diese Frage alleine ist schon schwer zu beantworten. Was jedem Anwender klar sein muss ist, dass es nicht DAS universelle Prüfprofil gibt. Ganz einfach deswegen, weil es nicht DIE EINE Arbeitsweise in der Druckvorstufe gibt. Zum einen gibt es unterschiedlichste Produktionsverfahren. Dies spiegelt sich ja schön in Form der unterschiedlichen "Marktsegmenten" wie Bogenoffset, Rollenoffset, Tiefdruck und zufünftig sicherlich noch einigen weiteren (wie z.B. Verpackungsdruck, Siebdruck, Zeitungsdruck, usw) wieder. Zum anderen gibt es unterschiedliche Auftragsarten. Wenn wir alleine über den Akzidenzbereich sprechen haben wir es vom Einfärber bis zum Fünf- oder Sechsfärber zu tun und somit mit unterschiedlichen Anforderungen im Bereich der Prüfung auf den Farbaufbau der Dokumente.
Wenn Sie nun einen Bogenoffsetdrucker, der im 80er Feinraster auf Kunstdruckpapier druckt, und einen Rollenoffsetdrucker, der auf 60g Papier druckt, fragen wie die jeweiligen Minimalanforderungen an den digitalen Datenbestand aussehen um noch etwas drucken zu können was der Kunde qualitativ akzeptiert, dann werden Sie natürlich auch gänzlich unterschiedliche Antworten bekommen.
Die Antworten werden sich aber praktisch immer, wenn man es genauer analysiert, in einer handvoll von Punkten unterscheiden. So z.B. in den Bereichen Bildauflösung und Bildkomprimierung, Farbanzahl und Farbaufbau (Gesamtfarbauftrag, Einfärbung dünner, feiner Seitenelemente), Überdrucken und Überfüllen, minimale Strichstärken, usw. Somit hat ein großer Teil der in einem Prüfprofil anzutreffenden Prüfoptionen allgemeine Gültigkeit für einen bestimmten Produktionszweig wie die Printproduktion und ein deutlich kleinerer Teil sollte bzw. muss spezifisch an die jeweilige Produktionsvariante angepaßt werden.
Wenn man nun anfangen würde, gezielt die Prüfprofile von 20 oder mehr Bogenoffsetdruckereien zu vergleichen, würde man also ohne Zweifel eine große Übereinstimmung zwischen den Profilen feststellen. Von den Unterschieden, die man finden würde, würde sich wiederum ein gewisser Prozentsatz als die Folge nicht optimaler Anwendung herausstellen, die wiederum auf fehlende Schulung und Erfahrung im Umgang mit dem Prüfprogramm zurückzuführen ist.
Gerade aufgrund des letzten Punktes stimme ich Ihnen also indirekt zu, und behaupte, dass es wohl für viele Dienstleister besser und einfacher wäre, man würde sich auf einen gemeinsamen Prüf-Standard stützen.
Wer jedoch für seinen Workflow das Optimum herausholen will, wird um individuelle, an seine Produktionen angepaßte Profile (es wird dann sicherlich auch mehr als nur eines sein) nicht herumkommen. Dies setzt dann aber auch fundierte Kenntnisse der Thematik und des eigenen Workflows voraus.
Welches Rolle spielen nun hier PDF/X-1a oder PDF/X-3?
Zum einen sind dies beides ISO-Normen, welche allgemein ein Datenaustauchformat auf PDF-Basis beschreiben. Somit hat das eine mit dem anderen schon mal nicht direkt was zu tun.
Um aber ein sicheres Austauschformat deklarieren zu können, müssen natürlich gewisse Prüfungen durchgeführt werden. Die Spielregeln die dazu geschaffen wurden stecken in jedem PDF/X Prüf- und Erstellungswerkzeug.
Was auch hier wieder sehr wichtig ist, ist zu erkennen, dass es nur jeweils EINE PDF/X-1a und PDF/X-3 Norm gibt. Wie passt das mit dem oben Gesagten zusammen, dass es doch zig verschiedene Produktionsweisen in der Printproduktion gibt? Nun, man hat sich beim Normentwurf einfach auf die Punkte beschränkt, welche unabhängig vom Produktionsverfahren Allgemeingültigkeit haben. So ist es z.B. vollkommen egal ob Sie Offset- oder Zeitungsdrucker sind, Schriften müssen immer in den Daten eingebettet sein.
Somit hat man eine gute Basis, die schon mal einen Großteil der möglichen Probleme abfängt, aber eben sehr allgemein abgefaßt ist und somit sicherlich niemals das Optimum erreicht, welches durch Einsatz von Datenprüfung zu bewerkstelligen ist.
Aus diesem Grund hat Enfocus schon sehr früh das Konzept der "PDF/X Plus" Profile propagiert. Dabei handelt es sich um Prüfprofile, die auf Basis eines PDF/X-1a oder PDF/X-3 Prüfprofils aufbauen und durch weitere, produktionsspezifische Prüfoptionen ergänzt werden. Somit holt der Anwender das Optimum für seinen Workflow aus diesem Konzept und bleibt kompatibel zur ISO-Norm.
Die Ghent PDF Workgroup hat dies in Form eines Satzes von rund einem Dutzend PDF/X-1a Plus und PDF/X-3 Plus Profilen aufgegriffen, die u.a. auch unter CertifiedPDF.net zu finden und downloadbar sind. Hier sehe ich allerdings schon wieder das potentielle Problem, dass manche Prüfungen in Hinblick auf "Datenverträglichkeit" mit so moderaten Zusatzprüfungen ausgestattet sind, dass bei qualitativ anspruchsvolleren Produktionen einfach zu lasch geprüft wird (z.B. nur 150 dpi minimale Halbton-Bildauflösung).
Zusammengefaßt kann man also so glaube ich sagen, dass sich die Anzahl der heute im Umlauf befindlichen Prüfprofile tatsächlich drastisch reduzieren liese, weil unheimlich viel Redundanz herrscht (das Rad würde hier sozusagen hundertfach neu erfunden).
Es wird aber niemals so sein, dass es z.B. ein Prüfprofil für den Offsetdruck gibt, denn dazu sind die Produktionsparameter einfach zu mannigfaltig.
Bevor man aber überhaupt nicht prüft oder aus mangelnder Kenntnis des Prüfprogramms oder der Technologie als solches falsch prüft, ist der Zugriff auf allgemeine Standardprofile wie die der Ghent PDF Workgroup immer vorzuziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Robert Zacherl
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