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certified.net - zuviele Profile ?

Anonym
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31. Dez 2003, 13:58
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Auf der Site von Impressed ist ja ein Verweis zu der (endlich) deutschen certified.net-Site vorhanden.

Ich denke, daß ist insgesamt eine gute Sache. Aber ich wollte mal andere Anwender fragen, wie Ihr es mit der Übersichtlichkeit haltet?

Ist es denn wirklich sinnvoll, daß jede Druckerei oder Belichter-Dienstleister seine eigenen Prüfprofile über die Site bereitstellt? Als Zulieferer bedeutet das für mich, daß ich ja superviele verschiedene (???) Profile installieren muß. Eigentlich will ich das ja gar nicht. Meistens weiß ich ja gar nicht im voraus, in welcher Druckerei mein Job gedruckt wird. Wie soll ich dann bei der PDF-Erstellung wissen, welches Profil ich auswählen soll?

Mir wäre ein globales Prüfprofil viel lieber. Der Schweizer Verband hat mal solche zur Verfügung gestellt. Wie seht Ihr das?

Wie verhält sich denn in diesem Zusammenhang PDF/X-3? Ich verwende immer noch die Standardsettings von Stefan Jaeggi. Bin damit bisher immer gut gefahren. Wie sind Eure Erfahrungen?

certified.net - zuviele Profile ?

Robert Zacherl
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2. Jan 2004, 09:30
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Hallo anonymer Poster,

es fällt mir schwer in wenigen Sätzen auf diese komplexe Thematik einzugehen, da Sie ein Thema ansprechen, welches sehr viele unterschiedliche Blickwinkel zuläßt. Ich versuche mal so zu beginnen:

Macht es Sinn, dass jeder Dienstleister sein eigenes Prüf-Profil publiziert?

Jein! Diese Frage alleine ist schon schwer zu beantworten. Was jedem Anwender klar sein muss ist, dass es nicht DAS universelle Prüfprofil gibt. Ganz einfach deswegen, weil es nicht DIE EINE Arbeitsweise in der Druckvorstufe gibt. Zum einen gibt es unterschiedlichste Produktionsverfahren. Dies spiegelt sich ja schön in Form der unterschiedlichen "Marktsegmenten" wie Bogenoffset, Rollenoffset, Tiefdruck und zufünftig sicherlich noch einigen weiteren (wie z.B. Verpackungsdruck, Siebdruck, Zeitungsdruck, usw) wieder. Zum anderen gibt es unterschiedliche Auftragsarten. Wenn wir alleine über den Akzidenzbereich sprechen haben wir es vom Einfärber bis zum Fünf- oder Sechsfärber zu tun und somit mit unterschiedlichen Anforderungen im Bereich der Prüfung auf den Farbaufbau der Dokumente.

Wenn Sie nun einen Bogenoffsetdrucker, der im 80er Feinraster auf Kunstdruckpapier druckt, und einen Rollenoffsetdrucker, der auf 60g Papier druckt, fragen wie die jeweiligen Minimalanforderungen an den digitalen Datenbestand aussehen um noch etwas drucken zu können was der Kunde qualitativ akzeptiert, dann werden Sie natürlich auch gänzlich unterschiedliche Antworten bekommen.

Die Antworten werden sich aber praktisch immer, wenn man es genauer analysiert, in einer handvoll von Punkten unterscheiden. So z.B. in den Bereichen Bildauflösung und Bildkomprimierung, Farbanzahl und Farbaufbau (Gesamtfarbauftrag, Einfärbung dünner, feiner Seitenelemente), Überdrucken und Überfüllen, minimale Strichstärken, usw. Somit hat ein großer Teil der in einem Prüfprofil anzutreffenden Prüfoptionen allgemeine Gültigkeit für einen bestimmten Produktionszweig wie die Printproduktion und ein deutlich kleinerer Teil sollte bzw. muss spezifisch an die jeweilige Produktionsvariante angepaßt werden.

Wenn man nun anfangen würde, gezielt die Prüfprofile von 20 oder mehr Bogenoffsetdruckereien zu vergleichen, würde man also ohne Zweifel eine große Übereinstimmung zwischen den Profilen feststellen. Von den Unterschieden, die man finden würde, würde sich wiederum ein gewisser Prozentsatz als die Folge nicht optimaler Anwendung herausstellen, die wiederum auf fehlende Schulung und Erfahrung im Umgang mit dem Prüfprogramm zurückzuführen ist.

Gerade aufgrund des letzten Punktes stimme ich Ihnen also indirekt zu, und behaupte, dass es wohl für viele Dienstleister besser und einfacher wäre, man würde sich auf einen gemeinsamen Prüf-Standard stützen.
Wer jedoch für seinen Workflow das Optimum herausholen will, wird um individuelle, an seine Produktionen angepaßte Profile (es wird dann sicherlich auch mehr als nur eines sein) nicht herumkommen. Dies setzt dann aber auch fundierte Kenntnisse der Thematik und des eigenen Workflows voraus.

Welches Rolle spielen nun hier PDF/X-1a oder PDF/X-3?
Zum einen sind dies beides ISO-Normen, welche allgemein ein Datenaustauchformat auf PDF-Basis beschreiben. Somit hat das eine mit dem anderen schon mal nicht direkt was zu tun.
Um aber ein sicheres Austauschformat deklarieren zu können, müssen natürlich gewisse Prüfungen durchgeführt werden. Die Spielregeln die dazu geschaffen wurden stecken in jedem PDF/X Prüf- und Erstellungswerkzeug.

Was auch hier wieder sehr wichtig ist, ist zu erkennen, dass es nur jeweils EINE PDF/X-1a und PDF/X-3 Norm gibt. Wie passt das mit dem oben Gesagten zusammen, dass es doch zig verschiedene Produktionsweisen in der Printproduktion gibt? Nun, man hat sich beim Normentwurf einfach auf die Punkte beschränkt, welche unabhängig vom Produktionsverfahren Allgemeingültigkeit haben. So ist es z.B. vollkommen egal ob Sie Offset- oder Zeitungsdrucker sind, Schriften müssen immer in den Daten eingebettet sein.

Somit hat man eine gute Basis, die schon mal einen Großteil der möglichen Probleme abfängt, aber eben sehr allgemein abgefaßt ist und somit sicherlich niemals das Optimum erreicht, welches durch Einsatz von Datenprüfung zu bewerkstelligen ist.
Aus diesem Grund hat Enfocus schon sehr früh das Konzept der "PDF/X Plus" Profile propagiert. Dabei handelt es sich um Prüfprofile, die auf Basis eines PDF/X-1a oder PDF/X-3 Prüfprofils aufbauen und durch weitere, produktionsspezifische Prüfoptionen ergänzt werden. Somit holt der Anwender das Optimum für seinen Workflow aus diesem Konzept und bleibt kompatibel zur ISO-Norm.

Die Ghent PDF Workgroup hat dies in Form eines Satzes von rund einem Dutzend PDF/X-1a Plus und PDF/X-3 Plus Profilen aufgegriffen, die u.a. auch unter CertifiedPDF.net zu finden und downloadbar sind. Hier sehe ich allerdings schon wieder das potentielle Problem, dass manche Prüfungen in Hinblick auf "Datenverträglichkeit" mit so moderaten Zusatzprüfungen ausgestattet sind, dass bei qualitativ anspruchsvolleren Produktionen einfach zu lasch geprüft wird (z.B. nur 150 dpi minimale Halbton-Bildauflösung).

Zusammengefaßt kann man also so glaube ich sagen, dass sich die Anzahl der heute im Umlauf befindlichen Prüfprofile tatsächlich drastisch reduzieren liese, weil unheimlich viel Redundanz herrscht (das Rad würde hier sozusagen hundertfach neu erfunden).
Es wird aber niemals so sein, dass es z.B. ein Prüfprofil für den Offsetdruck gibt, denn dazu sind die Produktionsparameter einfach zu mannigfaltig.

Bevor man aber überhaupt nicht prüft oder aus mangelnder Kenntnis des Prüfprogramms oder der Technologie als solches falsch prüft, ist der Zugriff auf allgemeine Standardprofile wie die der Ghent PDF Workgroup immer vorzuziehen.

Mit freundlichen Grüßen

Robert Zacherl

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Haeme Ulrich
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6. Jan 2004, 13:14
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Da wir den Verband der Schweizer Druckindustrie (VSD) in der Ghent Workgroup vertreten, melde ich mich auch noch :-)
Die VSD-Profile waren in der ersten Version auch Ghent-Profile, die damals zum besseren Verständnis umbenannt wurden. Nun empfiehlt der VSD die 9 "offiziellen" Ghent-Profile. Dies aus der Überzeugung, dass es wie Robert schreibt, wirklich auch gemeinsame Nenner in der Datenprüfung gibt. Nichts desto trotz bieten auch wir mit dem VSD an, Profile an bestimmte Workflows anzupassen. So musste man die minimale und vor allem die maximale Bildauflösung für Staccato-Raster nach oben anpassen.

Die Site CertifiedPDF.net ist gewöhnungsbedürftig, da hast Du recht. Ich würde Dir folgendes Vorschlagen:
1. Community
2. Dann nach unten zu VSD-IGS
es erscheinen nun die "offiziellen" Ghent-Profile


Herzliche Grüsse
Haeme Ulrich
http://www.ulrich-media.ch
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Neu: CREATIVE DINNER - Seminare für Kreative in Verbindung mit einem gediegenen Abendessen. 13.1.2004 zu Adobe Creative Suite
http://www.media-college.ch/schulung.php?texts=122

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Anonym
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6. Jan 2004, 17:43
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Danke für die Antworten. Aber leider haben ja "nur" wieder die Experten geantwortet. Komisch, daß keinen "Normaluser" das Thema interessiert? Oder seid ihr etwa alle noch nicht so weit ;-)

Für mich ist PDF die segensreichste Erfindung seit langem (bin seit Version 1 dabei). Und Pitstop ist wohl das Standardwerkzeug für PDF-Profis - und das zu Recht.

Aber die eingebaute Certified-Technologie überzeugt mich nicht und auch das drumherum. Das durcheinander mit den Profilen und den vielen Redundanzen will ich mir gar nicht antun. Ich bleibe bei meiner Meinung: Wer seine Layout-Applikation beherrscht und druckferige Daten erstellen kann, muß im PDF keine Haarlinien mehr editieren und falsche Sonderfarben auf 4c umswitchen. Das muß man bei der Erstellung im Kopf haben.

Hier sollten sich mal meine sogenannten Designer-Kollegen angesprochen fühlen. Für einen Dienstleister ist das natürlich was anderes, der fehlerhafte Daten nachbearbeiten muß. Aber da hilft ja Certified auch nicht weiter, das ging ja auch schon mit Pitstop 4 ohne Certified.

Ich bleibe dabei: PDF/X-3 ohne Schnickschnack und alles ist gut.

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Robert Zacherl
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6. Jan 2004, 20:57
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Hallo anonymer Poster,

ich habe das Gefühl, dass von Ihnen jetzt einige Begrifflichkeiten, Technologien und Standards durcheinandergewürfelt bzw. auf die selbe Stufe gestellt. Ich denke hier besteht ein wenig Klärungsbedarf:

- CertifiedPDF.net ist nichts anderes als eine Website auf der zentral Daten und Informationen hinterlegt sind, welche dem PDF-Anwender helfen, bessere oder anders ausgedrückt, denn Wünschen des PDF-Weiterverarbeiters entsprechende, PDF-Dateien zu erzeugen.

- Certified PDF ist eine von Enfocus entwickelte Technologie, welche es dem Anwender ermöglicht alle aus Druckvorstufen-Sicht releveanten Informationen in eine zertifizierte PDF-Datei einzubetten, um so sicherzustellen, dass diese bei einem Transport der PDF-Datei von A nach B automatisch mit übermittelt werden. Zu diesen Informationen zählen
- das verwendete Prüfprofil (kann jederzeit ein PDF/X oder besser PDF/X Plus Profil sein)
- der bei der letzten Prüfung generierte Prüfbericht
- die Ansprechpartner- und Firmeninformation des PDF-Erzeugers bzw. -Bearbeiters
- die Bearbeitungs-Historie des PDF-Dokuments (wer hat was wann und mit welchem Werkzeug an dieser PDF-Datei geändert

Außerdem stellt die Certified PDF Technologie sicher, dass nach Abschluß einer Bearbeitungssitzung immer mit dem eingebetteten Prüfprofil geprüft wird. Somit ist auszusschließen, dass eine schlampige Korrektur einen neuen Fehler produziert.
Und schließlich erlaubt Certified PDF dem Dienstleister auf einen Blick zu erkennen, ob es sich um eine zertifizierte Datei handelt, ob sie mit einem gültigen Prüfprofil des Dienstleisters geprüft wurde und ob diese Prüfung fehlerfrei ausfiel oder nicht (zu erkennen am grünen Häckchen in der Acrobat-Werkzeugleiste). Dieser Mehrnutzen ist es inzwischen vielen Dienstleistern Wert, Kunden die zertifizierte PDF-Dateien anliefern, günstigere Bearbeitungskonditionen anzubieten als anderen.

- PDF/X-1a und PDF/X-3 sind ISO-Standards, welche eine Untermenge des PDF-Datenformats ausnutzen, um ein sicheres PDF-basiertes Austauschformat zu spezifizieren.

Somit ergänzen sich diese drei Dinge sinnvoll, schließen sich aber niemals gegenseitig aus. Nichts spricht dagegen für die Zertifizierung des PDFs ein PDF/X-1a, PDF/X-3 oder PDF/X Plus Prüfprofil zu verwenden. Der Vorteil wäre, dass Sie sich um nichts mehr kümmern müssen, weil Sie die Certified PDF Technologie schon darauf aufmerksam machen würde, wenn Sie gegen die "Spielregeln" verstossen.

Mit freundlichen Grüßen

Robert Zacherl

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