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Doppelpunkt im französischen

nadinek
Beiträge gesamt: 58

2. Dez 2004, 10:59
Beitrag # 1 von 11
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Hallo Forum!

Hab eine kleine Frage und zwar, stimmt es, dass ein Doppelpunkt im französischen mit einem kleinen Abstand gesetzt wird, wie auch die Anführungszeichen?

Danke für Eure Hilfe!
Gruss
Nadine
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Doppelpunkt im französischen

detailtypograf
Beiträge gesamt: 7

2. Dez 2004, 11:28
Beitrag # 2 von 11
Beitrag ID: #128421
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Im Französischen spationiert man Satzzeichen in der Tat etwas großzügiger. Den Doppelpunkt, wie auch Semikolon, Frage- und Ausrufungszeichen, sollte man auch im Deutschen etwas spationieren. Die Anführungszeichen, also << diese >>, sollte man mit einem Spatium abtrennen, das so groß ist wie der kleinste WZR im Blocksatz. Einen WZR kann man im Blocksatz nicht nehmen, weil die Abstände nicht verschieden groß sein dürfen ...


als Antwort auf: [#128411]

Doppelpunkt im französischen

nadinek
Beiträge gesamt: 58

2. Dez 2004, 11:32
Beitrag # 3 von 11
Beitrag ID: #128425
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Hallo Detailtypograf

Besten Dank für Deine Hilfe!


als Antwort auf: [#128411]

Doppelpunkt im französischen

Philyra
Beiträge gesamt: 509

3. Dez 2004, 02:33
Beitrag # 4 von 11
Beitrag ID: #128620
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Hi!

Für gelungene französische Typographie müssen eigentlich nur wenige Hinweise beachtet werden. Ich habe während häufiger Frankreichaufenthalte in den letzten zwei Jahren hunderte von Digitalfotos von Straßenschildern und Büchern gemacht und ausgewertet. Um die Auswertung durchführen zu können, mußte ich aus gesundheitlichen Gründen einen Photoshopfilter entwickeln, der die Wirkung einer Schweißerschutzbrille simuliert. Ich beabsichtige, die schönsten Aufnahmen mal in einem Bildband zu veröffentlichen. Vorab ließen sich bereits folgende Prinzipien herausarbeiten, die so ziemlich den State-of-the-art darstellen dürften.

Schönes Wochenende!
Daniel

1. Manche glauben, mit Word ließen sich die besten Ergebnisse erzielen. Das stimmt nicht! Mit Powerpoint ist es noch viel effizienter! Wer ein gutes frz. Buch mit Powerpoint setzen will, muß allerdings große Dateien in kauf nehmen. Der Vorteil ist jedoch, daß Text- und Schmuckrahmen automatisch nicht alignieren und bereit per Default mit Schlagschatten u.ä. daherkommen und die Liniendicke 1pt beträgt. Man sollte an diesen Voreinstellungen nichts ändern, denn im fertigen Druck pendeln sich Dickte und Strichstärke dann auf einheitliche 2,5 pt ein (sogenannter "Postscript/XF-Standard"). So sind letztlich alle Datei- und Schriftformate in Frankreich Postscript-Formate.

2. Fließtext im Buchsatz sollte mindestens 12pt groß sein. 13-14pt ist aber besser. Der Zeilenabstand beträgt in ganz Frankreich einheitlich 11,66pt (eine Reminiszenz an die Schlacht on Château Gaillard 1166). Wer mehr Durchschuß braucht, füge eine Leerzeile ein.

3. Überschriften zentriert in 25-35% schräggestellten Großbuchstaben. Kursivschnitte generell vermeiden. Überschriften in eckige Klammern zu setzen, kann die Sache gekonnt abrunden.

4. Zwei aufeinanderfolgende Zeilen in derselben Serifschrift gelten als unästhetisch. Im Buchsatz weniger relevant (siehe unten), aber bei Verkehrsschildern sehr wichtig. Hier gilt der Grundsatz: Je höher das die erlaubte Geschwindigkeit, desto schräggestellter die Schrift und desto ausgeprägter die Serifen. Bsp. für Autobahnschild: __.,.__ Nimmt man die schrägstellung raus, steht da "Aire d'Avrange - Letzte Tankstelle vor der Grenze".
Im Grafikdesign sollten Serifschriften immer mit Burberrymustern unterlegt werden (die Muster können kostenlos bei http://www.gucci.fr bezogen werden).

5. Laufweite und Spationierung ist zu vermeiden. Weißraum wird reichlich durch obligaten Blocksatz à la francaise. Microsoft hat bei der Entwicklung von Officeanwendungen jahrelang mit französischen Buchsetzern zusammengearbeitet. Die bei Word und Powerpoint verwendeten Wortzwischenräume sind dem frz. Buchdruck nachempfunden (sog. Liller Stil).

6. Leerzeichentaste mit Kreppband fixieren.

7. Beim Setzen von Satzzeichen ist zu beachten, daß sie optisch eher auf den folgenden Satz bezogen werden:

[BONJOUR TRISTESS] (<== Hier 25% geben !)

... va t'en ,saloppe ! Mais , pourquoi ?

Diese ist keine bloße Mißproportion, sondern soll dem Leser helfen, sich nicht zu sehr in den Text zu vertiefen, so daß er am Ende noch vergißt, am 70 Jahre alten Calvados zu nippen, den sein Vater im Zweiten Weltkrieg im Garten vergraben hatte, damit ihn die deutschen Soldaten nicht in die Hände bekommen!

8. Bei der Wahl der Druckerei muß beachtet werden, daß alle Faktoren zu einem Druck führen, bei dem die Druckerschwärze stark verläuft. Dadurch benötigt der Buchsetzer nur eine einzige Serifenschrift, die er kostenlos im Web erhält.. Mehr als zwei Serifschriften zu verwenden, gilt als dekadent, weil der Unterschied nach dem Druck ohnehin nicht mehr zu sehen ist.

9. Beim Gestaltungsraster sind die Franzosen den anderen Europäern um Jahrhunderte voraus. Sie wurden oft kopiert (zB. neue Beschilderungsypographie der Deutschen Bahn sowie das Computerspiel "Tetris"), aber nie erreicht.

Insidertipp:
Den erfahrenen Typographen erkennt man daran, daß er für den Apostroph innerhalb eines Textes niemals zweimal dasselbe Zeichen verwendet. Kommen mehr Apostrophe im Text vor, als die Glyphenpalette zu bieten hat, kann diese Diskrepanz leicht kompensiert werden, indem man die Schriftgröße variiert oder das Zeichen spiegelt.


als Antwort auf: [#128411]

Doppelpunkt im französischen

typomaniac
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3. Dez 2004, 12:53
Beitrag # 5 von 11
Beitrag ID: #128702
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@Philyra

...Klasse, Dein Beitrag! Ich arbeite seit eh in einer zweisprachigen Gegend (Schwyzerdütsch+frangsää) und nerve mich seit etwa einem Vierteljahrhundert über das, was Du so unverkrampft durch den Kakao ziehst...

1. Es gibt definitiv KEINE verbindlichen typographischen und weitgehend auch keine grammatikalischen Regeln, die übers gesamte frankophone Gebiet (F,CH,CAN usw) Gültigkeit besitzen. Referenz ist für die meisten einfach der LAROUSSE. Aber eben nicht für alle (wie im deutschen z.B. der Duden)! Die französische Regierung versucht übrigens seit Jahren mit Sonderkommissionen, da einen Konsens zu schaffen. Scheitert aber regelmässig! Da lob ich mir unser Diskussiönchen über die deutsche Rechtschreibe-Reform.
2. Der Schwachsinn mit den Leerschlag-spationierten Interpunktionen ist u.a. auf die französischen WORD-Versionen zurückzuführen, die das in den Voreinstellungen haben (wenigstens nach Aussage etlicher Autoren). Wer aber Microsofts Bemühungen um die Respektierung sprachlicher, kultureller oder länderspezifischer Eigenheiten kennt, weiss dass man solche Voreinstellungen in der Pfeife rauchen kann.
3. Ich amüsier mich immer ganz gut, wenn ich 3x Autorkorrekturen neu machen kann (kein Witz!) weil Redacteur XY findet, die Interpunktionen müssten spationiert werden, Redacteur ZY findet das Gegenteil und der Kunde will z.B. nur die Ausrufe- und Fragezeichen spationiert haben...

@Detailtypograph: Die Aussage, wonach Interpunktionen spationiert werden, bezieht sich natürlich nur auf Titel- und Auszeichnungsschriften über der Grundschriftgrösse... und das gilt ja wohl für alle Sprachen ausser Südwest-Sulawesisch

Le typomaniac de Bienne


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(Dieser Beitrag wurde von typomaniac am 3. Dez 2004, 12:56 geändert)

Doppelpunkt im französischen

Philyra
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5. Dez 2004, 22:32
Beitrag # 6 von 11
Beitrag ID: #128968
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...Irgendwann lernt man es lieben. Nur Bücher zu lesen macht eben keinen Spaß. natürlich wollen die Franzosen da auch keine gutgemeinte Einmischung aus der Schweiz oder gar aus Deutschland.


als Antwort auf: [#128411]

Doppelpunkt im französischen

Philyra
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29. Dez 2004, 23:59
Beitrag # 7 von 11
Beitrag ID: #133070
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Es gibt wieder ein französisches Buch zum Liebhaben! Ich habe vor kurzem "Meine Putzfrau" gelesen. Eine schöne Geschichte. Jetzt hat sich der Setzer ganz interkulturell-kommunikativ gedacht, wie er da in die deutsche Taschenbuchausgabe eine französische Note reinbekommt. Und hat schier Übermenschliches geleistet. Zuerst habe ich mich gefreut, weil man nicht durch Reformschreibung beleidigt wird. Dann hat es der setzer zudem geschafft, die Wortabstände neu zu erfinden. Alles ist genau umgeklehrt wie es sein sollte. Zwischen Sätzen ist kaum Raum, zwischen den Wörter ganz viel. Und das alles schön unregelmäßig. ich gklaube, daß bekommt man in ID nur mit manuell eingefügten Abständen hin. Ein Liebesgeschichte mit liebevollem Satz.


als Antwort auf: [#128411]

Doppelpunkt im französischen

typomaniac
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30. Dez 2004, 09:33
Beitrag # 8 von 11
Beitrag ID: #133113
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@Philyra

...keine Einmischung aus der Schweiz? Ein anständig grosser Teil unserer Bevölkerung ist immerhin frankophon. und das kann ich Dir aus Zeitungs- und Werbealltag sagen: zumindest dieser Teil wäre dankbar für verbindliche Regeln...
Kein Verständnis habe ich diesbezüglich für eine so oft gehegte Frankophilie, in der einfach alles "léger", "bonvivant" und ach so schnuckelig erscheint. Der Umgang mit der französischen Sprache ist nicht ganz so einfach wie das Bestreichen eines Parisette-Brötchens mit Camembert. Echt lästig wirds (leider alltäglich) dann, wenn man als Bilingualer ständig, mitten im Gespräch, von seinen frankophonen Gesprächspartnern korrigiert wird. Das hab ich auf meinen ausgedehnten Reisen im anglophonen Raum nie erlebt. Aber im Französischen ist die Form (Grammatik) eben enorm viel wichtiger als der Inhalt (komplementär zum Englischen)...

Das nur so ein paar Gedanken zum Alltag in einer germano-/frankophonen Gegend
typomaniac


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Doppelpunkt im französischen

Philyra
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2. Jan 2005, 18:21
Beitrag # 9 von 11
Beitrag ID: #133475
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Ich weiß gar nicht, wie die Typographie im französischen Teil der Schweiz ist. Das würde mich echt interessieren. Da treffen dann zwei Welten aufeinander.

Mit der Korrigiererei hast Du ganz recht. Die wiederholen oft, was man sagt, nur damit es nochmal von einem Franzosen gesagt wird. Oft setzen dann noch ein "de" davor.


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Doppelpunkt im französischen

typomaniac
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5. Jan 2005, 07:38
Beitrag # 10 von 11
Beitrag ID: #134002
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Typographie in der Westschweiz?
Die lehnt sich grafisch stark an französische Konzepte an (verspielt, meist ohne jedes Raster). Meine Erfahrung in Westschweizer Ateliers und Agenturen ist die, dass das grafische Element (Illustration, Fotografie) überwiegt und der Text eher marginal gewichtet wird. Ist wohl psychologisch begründet, weil man da grammatikalisch/orthographisch/stilistisch immer wieder in den Hammer läuft (siehe oben...). Repräsentative Beispiele für zeitgenössische Westschweizer Grafik und Typo findest Du zum Beispiel unter http://www.rmgdesign.ch (wo ich übrigens auch mal gearbeitet habe...)

typomaniac


als Antwort auf: [#128411]

Doppelpunkt im französischen

Philyra
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5. Jan 2005, 14:32
Beitrag # 11 von 11
Beitrag ID: #134124
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Interessant. Vor allem, wieviel die Sprache für das ästhetische Empfinden ausmacht. Ich habe in Frankreich die Erfahrung gemacht, daß die Franzosen den Unterschied gar nicht wahrnehmen. Ich hatte ein Willberg-Buch dabei, habe das mal neben ein französisches gehalten und da meinten die, das sehe doch gleich aus.


als Antwort auf: [#128411]
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