Das neue Lizentierungsmodell von Adobe schreckt mich auf und ich versuche immer noch verstehen zu lernen, was es für mich bedeutet.
Zum einen kann ich weiterhin wie früher ein Adobe-Produkt in der Box kaufen/upgraden. Allerdings sind
Upgrades nur noch von der vorhergehenden (ganzzahligen) Version möglich. Also von CS5 bzw. CS5.5 auf CS6, aber nicht mehr von CS4 oder früheren Versionen auf CS6.
Das finde ich persönlich unnötig und unangemessen hart.
Ich hätte zumindest ein Entgegenkommen erhofft:
gestaffelte Upgrade-Preise je nach Größe des Sprungs. Vermutlich kann man damit rechnen, dass der halbe Schritt von CS5 auf CS5.5 und von CS5.5 auf CS6 nicht eine seltene Ausnahme bleibt, sondern die Veröffentlichung von Aktualisierungen im jährlichen Rhythmus anbahnt. Aber nicht jede kleine Erweiterung ist für alle Nutzer gleichermaßen wichtig und hilfreich.
Kaufen kann man nach wie vor
Einzelprodukte wie InDesign, Illustrator, Photoshop ... und
Kombipakete mit unterschiedlichen Zusammenstellungen der Einzelprodukte in verschiedenen Creative Suites.
Vor dem Kauf kann man sich von dem neuen
Leitungs-/Funktionsumfang der Produkte ein Bild machen und abhängig vom eigenen konkreten/aktuellen Bedarf sich für oder gegen einen Kauf/ein Upgrade entscheiden.
Zum anderen kann man sich nun die Creative Suite Master Collection mieten. Und zwar
nur als Master, nicht als Design Standard, Design Premium oder Produktion Premium. Mit einem Jahresvertrag und einem monatlichen Mietpreis in Höhe von 50 $ (nach Adobe-Konvention in Euro umgerechnet vermutlich ca. 50–75 €) entspricht das einem jährlichen Mietzins von 600 $ oder 600–900 €, in zwei Jahren also stolze 1200–1800 €.
Am Ende der Vertragslaufzeit ist es nicht wie etwa bei einem Leasing-Vertrag möglich, die Software (bzw. die Lizenz zur weiteren Nutzung derselben) zu einem günstigeren Preis für die gebrauchte und nicht mehr aktuelle Ware zu kaufen.
Wer draußen ist aus dem Mietvertrag, kann die Software nicht mehr nutzen. Auch nicht, um Produkte, die während der Mietlaufzeit hergestellt worden sind, ggf. nur geringfügig zu pflegen.
In der Miete enhalten ist nur der
Zugang zur jeweils aktuellen Softwareversion. Wer nach Jahren ein Produkt, das mit einer früheren als der aktuellen Version erstellt worden ist, weiterpflegen will, der kann dies nur in der aktuellen Version tun und muss dabei die Risiken von Veränderungen des ursprünglichen Produkts (z.B. Umbruchverschiebungen) in Kauf nehmen. Man kann nicht mehr wie bisher CS3-Dokumente in CS3 und CS4-Dokumente in CS4 weiterbearbeiten, sondern stets nur mit der aktuellen Version.
In der Miete bezahlt man permanent für den
optionalen Zugriff auf den Softwarepark, so wie man auch die Büromiete während dem Urlaub weiterbezahlt. Die Kosten entstehen damit unabhängig von der konkreten Nutzung. Ein Setzer, der täglich mit InDesign, einmal die Woche ein bisschen mit Photoshop, einmal im Monat eine Hand voll Graphiken in Illustrator bearbeiten und dann auch mal ausnahmsweise ein eBook herstellen will, bezahlt für die unterbliebene Nutzung von Flash, Dreamweaver, Fireworks, Premiere gleichermaßen mit, da ja immerhin die Option zu deren Nutzung besteht.
Konsequenter als die Monatsmiete im Jahresvertrag schiene mir die zeitabhängige Nutzung einzelner Produkte zu sein: 6 h InDesign, 1 h Photoshop und eine halbe Stunde Acrobat am einen Tag, am nächsten 8 h InDesign und nichts anderes. Und am Wochenende mal ganz frei. Man mietet sich die 'Arbeitskraft' eines einzelnen Spezialisten. Aber was will ich mit der ganzen Spezialistentruppe? Die sind nicht alle gleichzeitig zu beschäftigen und stehen sich womöglich nur auf den Füßen rum, sprich:
werden mehr für die Bereitschaft bzw. Bereithaltung als für's eigentliche Tun bezahlt. In dem längerfristigen Mietverhältnis kauft man eine
unbestimmte Erweiterung des Leistungsumfangs der Software ein. Man schaut sich zu einem bestimmten Punkt nicht mehr das Leistungsangebot einer neuen Version an und entscheidet, ob der damit verbundene Vorteil in einem positiven Verhältnis zu den Kosten (Einkauf des Produkts und Anpassung des Workflows) steht. Man irrt irgendwie in der Nebelsuppe (sprich Cloud) herum, partizipiert von der fortwährenden Entwicklung ohne genau zu wissen, wo es denn langgeht, in der Hoffnung, dass der Entwickler langfristig schon irgendwie die speziellen Bedürfnisse des Anwenders befriedigen wird. Die wichtigste Entscheidungsgrundlage für die Verlängerung des Mietvertrags ist also das Vertrauen auf der Basis der Stillung der Bedürfnisse in der Vergangenheit.
Und wenn die
Entwicklung des Angebots seitens des Vermieters nicht mehr überzeugt, bleibt einem nichts, als den Mietvertrag auslaufen zu lassen (Kündigung ist vermutlich nicht vorgesehen) und sich ggf. mit dem Kauf eines (Einzel-)Produkts in der Box mit einmaligen Kosten wieder eine unbefristete Nutzung ohne weitere laufende Kosten zu sichern.
Unterm Strich kommt mir die Cloud-Lizenzierung für einen Einzelarbeitsplatz mit der reinen Mietlösung ohne spätere Kaufoption zu einem reduziertem Preis und mit Verlust der Bearbeitungsmöglichkeit in früheren Versionen deutlich zu teuer vor. Sie wird nicht der
Spezialisierung von Fachkräften gerecht, sondern bietet allen alles und damit jedem im Übermaß zu viel, als der einzelne bedienen kann.
Konkret heißt das für mich wohl, dass ich mich langfristig auf ein
Einzelprodukt aus dem Softwarestreusel konzentriere und dort in der
Box-Lösung die noch vergleichbar günstigen Upgradekosten berappe. Besondere Leistungen, die später mit den zu diesem Zeitpunkt in die Jahre gekommen Programmen wie Photoshop, Illustrator ... nicht mehr von mir zu erbringen sind, werden dann eben wieder an den jeweiligen Spezialisten (Graphiker) delegiert.
Ebenso Leistungen "for delivering interactive publications on tablets". Das soll ein Verleger unternehmen. Das ist sein Job. Nicht meiner. Ich unterstütze ihn gerne mit dem, was ich kann, nämlich bei der Herstellung der entsprechenden Produkte.
Für Aufgaben, die nicht zum
Kern meiner Tätigkeit gehören (geringfügige graphische Korrekturen in Photoshop oder Illustrator) muss ich nicht zu jeder Zeit über einen Zugang zur aktuellsten Version verfügen. Schwierigere Aufgaben erledigt ohnehin eine
Fachkraft, die sich so, wie ich mich auf meine Tätigkeiten, auf ihre eigenen Tätigkeiten (mit den möglicherweise aktuellsten speziellen Werkzeugen) konzentriert.
Ich habe Sorge, dass die eierlegende Wollmilchsau in der Suppe der allgegenwärtigen Möglichkeiten eher ersäuft, als dass sie diese im gesamten Ausmaß kreativ und kundig zu managen vermag.
Adobe scheint sich gerade in einem größeren Umstrukturierungsprozess zu befinden:
–
Adobe stellt mobiles Flash-Plugin ein (9.11.2011) –
Adobe will 750 Mitarbeiter entlassen (9.11.2011) –
Adobe ändert Lizenzmodell (10.11.2011) –
Adobe präsentiert Creative Cloud und sechs neue iPad-Apps (4.10.2011)