Die Diagnosetools sind meiner Meinung nach immer noch der beste Weg für den Anwender um zu prüfen, ob sein Messgerät noch innerhalb der vom Hersteller empfohlenen Toleranzen arbeitet. Dabei werden (neben anderen Tests) üblicherweise Wiederholungsmessungen auf der mitgelieferten Weißkachel und des Dunkelstroms (zur Bestimmung des Rauschens) durchgeführt. Man sollte natürlich immer das aktuellste Diagnosetool einsetzen.
Wenn die Messwerte von unterschiedlichen Messgerätebauarten bei gleicher Probe voneinander abweichen, dann liegt das wohl vorrangig an der Messgerätegeometrie (z. B. 0°/45° oder Kugelgeometrie) oder den unterschiedlichen Abtastintervallen im Spektrum (in [nm]), in denen die Messgeräte arbeiten. Messwerte von unterschiedlichen Messgeometrien sind zwangsläufig nicht miteinander vergleichbar.
Bei identischer Geometrie kann die interne spektrale Abtastrate von der externen Abtastrate schon mal abweichen.
Beim EyeOne z.B. wird intern ca. alle 3,5 nm abgetastet, das Messgerät gibt an die Anwendung üblicherweise nur Messwerte in 10 nm Schritten aus (BTW: ArgyllCMS besitzt einen EyeOne-Treiber, der auch die 3,5 nm Messintervalle auslesen kann).
Das abgetastete Spektrum als solches ist ebenfalls eine Ursache - manche Messgeräte tasten von 400 nm bis 700 nm ab, andere von 380 nm bis 730 nm, wieder andere von 340 nm (UV-Spektrum) bis 780 nm, usw.
Ein weiterer Punkt für Abweichungen kann eine schleichende Alterung der Lichtquelle sein, der Arbeitsstandard (die mitgelieferte Weißkachel) und die Optik können sich ebenfalls im Laufe der Zeit verändern/verschmutzen. Beides sollte im Idealfall durch das Diagnosetool erkannt werden. Bei der Wartung wird meistens die Lichtquelle getauscht, die Optik gereinigt und die internen Referenzwerte des Arbeitsstandards aktualisiert.
Nicht zuletzt ist der Treiber eine mögliche Quelle für Unterschiede. Dieser steuert die Integrationszeit mit der das Messgerät die Signale verarbeitet. Eine Erhöhung der Integrationszeit verringert den (vor allem rauschbedingten) Fehler, erhöht aber die Dauer einer Messung und verringert zudem die Lebensdauer der Lichtquelle. Je nach verwendeter Software oder Firmware des Messgeräts kann der das schon zu deutlichen Unterschieden führen.
Die eigene Überprüfung des Messgerätes (ohne Diagnosetool) scheitert in der Praxis hauptsächlich an den zur Verfügung stehenden Testmaterialien. "Normales" (Proof-)Papier und "normale" Druckfarben/Inkjetfarben lassen sich unter "normalen" Bedingungen nicht in der geforderten Güte herstellen um Messgeräteabweichungen zuverlässig zu detektieren und zu quantifizieren. Zudem sind diese Materialien höchst anfällig für Beschädigungen während einer einzigen Messung, somit werden Wiederholungsmessungen fast zwangsläufig sinnlos. Mit unterschiedlich farbigen Keramikacheln (BCRA/CERAM) existieren zwar hochqualitative Standards, aber die kosten viel mehr als ein Messgerät in den Service zu schicken - zudem ist ihre Farbwiedergabe stark temperaturabhängig, schon bei Änderung der Temperatur um wenige Grad Celsius. D.h. man muss unter klimatisierten Bedingungen messen, was in der Praxis nur mit hohem Aufwand möglich ist.
Ansonsten ist der Weg von Loethelm, Wiederholungsmessungen auf der Weißkachel durchzuführen, sicher ein guter Anhaltspunkt. Ich würde hierzu bevorzugt Spektraldaten, XYZ- oder die CIELAB-Werte zur Auswertung heranziehen. Die Abweichung kann dann entweder als Streuung um den Mittelwert der einzelnen Komponenten (je Messintervall; je X,Y oder Z; je L*, a* oder b*) bestimmt werden oder natürlich auch als Gesamtfarbabstand. Falls letzterer als Maß der Abweichung herhalten soll, dann würde ich die klassische CIELAB-Formel von 1976 verwenden und hinsichtlich des Mittelwerts und der Streuung auswerten.
Andere Gesamtfarbabstandsformeln (auf Basis von CIELAB), die stärker auf die visuelle Wahrnehmung eingehen, sind für diesen Zweck nicht zu empfehlen, da ihre Ergebnisse von den Farbörtern der Probe und der Referenz abhängig sind. Somit können Abweichungen, die das Messgerät im CIELAB-Farbraum aufweist, ungewollt kaschiert werden.
Letztlich muss man die Entscheidung, ein vermeintlich defektes Messgerät in den Service zu schicken oder nicht, von dem Einsatzzweck abhängig machen. Eine einzige Reklamation kann die Kosten der Wartung schon um ein Vielfaches übersteigen.
Viele Grüße
als Antwort auf: [#465588]