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Ligaturen - ja oder nein?

koder
Beiträge gesamt: 1743

1. Apr 2006, 17:51
Beitrag # 16 von 24
Beitrag ID: #221274
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Hallo Typokrat,

ich bin eben nicht der Meinung, daß der nicht-Einsatz von Ligaturen gleichbedeutend mit schlecht gesetztem Text ist.

Was das ganze jetzt mit den allgemein miserabel anmutenden Texten zu tun hat, den gängige Office-Programme so produzieren ist mir schleierhaft.Man kann Ligaturen auch problemlos in Word verwenden (lustige Vorstellung).

Visuelle Kommunikation muss ergonomisch sein, da kann man als Typograf noch so ein Idealist sein. Texte haben erst in aller letzter Priorität gut gestaltet zu sein und in aller erster Priorität haben sie lesbar zu sein. Dazu gehört für mich in erster Linie eine vernünftige Grösse, richtige Laufweite und ein gesunder Zeilenabstand, sowie eine rhytmische Verteilung der (nicht zu langen) Zeilen im Flattersatz. Ligaturen haben erstmal überhaupt garnichts damit zu tun. Ob es nun in der Theorie aus typographischer Sicht richtig oder falsch ist, sie einzusetzen ändert nichts an der Tatsache, daß sie den Lesefluss behindern. Da das ganze völlig unbewusst geschieht und man überhaupt keine Möglichkeit hat, dieses zu ignorieren ist jegliche Diskussion darüber ob ja oder nein für mich völlig uninteressant. 99% der Menschen wissen Ligaturen nicht richtig einzuordnen. Das sind nicht alles "DAU"s. Die müssen jedesmal überlegen, was dieses merkwürdige Zeichen eigentlich sein soll, daß in Wirklichkeit weder ein Hakenkreuz noch einen Penis darstellt, sondern ein "fi" (das sieht bei manchen Fonts wirklich so aus).

Seit es InDesign mit der Möglichkeit gibt, Ligaturen automatisch zu setzen sieht man sie überall. Ist eben "In". Wird aber ohne Sinn und Verstand eingesetzt. Ich sage nicht grundsätzlich "Nein" zu Ligaturen, aber zu sagen "Grundsätzlich gehören Ligaturen in jede Schrift und jeden Text"... Es mag ja dadurch besser aussehen, es mag auch im Prinzip richtig sein, aber was nützt einem das alles, wenn es beim Lesen ständig immer wieder aufstösst?


als Antwort auf: [#221268]
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Ligaturen - ja oder nein?

Quarz
  
Beiträge gesamt: 3555

1. Apr 2006, 18:24
Beitrag # 17 von 24
Beitrag ID: #221277
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Gehet also hin und fabrizieret mit Liebe zum Detail
schöne und schönste Drucksachen!


Wie Du mir aus der Seele sprichst!

Quarz


als Antwort auf: [#221268]

Ligaturen - ja oder nein?

mpeter
Beiträge gesamt: 4628

1. Apr 2006, 19:01
Beitrag # 18 von 24
Beitrag ID: #221283
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Hallo Typokrat,
da möchte ich mich, ohne viel Worte zu verlieren, einfach anschließen.

Gott grüß die Kunst


als Antwort auf: [#221268]

Ligaturen - ja oder nein?

Wolf Eigner
Beiträge gesamt: 407

1. Apr 2006, 19:39
Beitrag # 19 von 24
Beitrag ID: #221288
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Hallo Koder,

ich stimme Dir zu, dass Größe, Zeilenabstand und so weiter zu den wichtigsten Parameter guter Typografie gehören. Und dass es Schriften mit eher befremdlichen Ligaturen gibt oder mit solchen, die wirklich etwas verkünstelt und wenig lesefreundlich erscheinen. (Das ist meiner Meinung nach allerdings die Ausnahme.)

Viele Bücher in meinem Besitz (gut, ein gewisser Teil stammt aus den letzten drei Jahrzehnten des vorigen Jahrtausends) haben Ligaturen. Ich gehöre daher vielleicht zu dem einen Prozent (woher kommt eigentlich Deine Zahl und wann und für welchen Sprach-/Schriftraum wurde sie ermittelt?), die an diese Erscheinungen gewöhnt sind und daher keinerlei Leseschwierigkeiten haben – eher im Gegenteil.

Gar nicht gern mag ich mich an die Dilettantendevise gewöhnen: »Ist doch egal, wie’s aussieht, Hauptsache, man versteht, was gemeint ist.« – Ich weiß, das hast Du so nicht gesagt, und ein Dilettant bist Du auch nicht. Aber dass die reine Lesbarkeit ausschlaggebendes Maß der Dinge sein soll, gilt vielleicht für einige spezifische Nutztexte, soll aber nicht zum Credo meiner Arbeit werden. Der Sterne-Koch, wenn mir dieser so schamlose wie hinkende Vergleich gestattet sei, wird auch nicht gern für Gäste auftischen, denen Herkunft und Zubereitung der Speisen egal ist – »Hauptsache, es macht satt«.

Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass Ligaturen – wie auch echte Kapitälchen, Unterschneidungen, Mediävalziffern, Brüche, Achtelgevierte, Satzkantenausgleich, rhythmischer Flattersatz und ähnliches – Merkmale hochwertiger Typografie sind und auch bleiben dürfen. Die Nichtverwendung ergibt nicht zwangsläufig schlechte Typografie, aber wer von uns sich (auch) als Künstler versteht, ist nicht von vornherein verpflichtet, sich von einer noch so großen Anzahl »Banausen« in seinen Möglichkeiten beschränken zu lassen.

Wenn Ligaturen fünfeinhalb Jahrhunderte nach der Gutenberg-Bibel etwas aus der Mode gekommen sind – dann bringen wir sie eben jetzt wieder in selbige! :o]


als Antwort auf: [#221274]

Ligaturen - ja oder nein?

koder
Beiträge gesamt: 1743

1. Apr 2006, 23:42
Beitrag # 20 von 24
Beitrag ID: #221315
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Hallo Typokrat,

hat Spass gemacht dein Posting zu lesen.

Ich würde mir jetzt auch nicht anmaßen zu sagen "Ligaturen sind schlecht", weil das zu pauschal ist. Wenn ich meine vorangegangenen Postings lese kommt das so rüber, obwohl ich auch oft genug Ligaturen einsetze. Richtig gute Ligaturen merkt man garnicht, so wie bei der Officina z.B, wo die Ligaturen wirklich gut und dezent rüberkommen. Außerdem bleibt der i-Punkt erhalten, ich habe gemerkt, daß es mich am meisten stört, wenn bei Serifenschriften der f-Tropfen einer fi-Ligatur den i-Punkt ersetzt. Weiss nicht warum, aber es nervt mich unterbewusst keinen frei stehenden i-Punkt zu sehen.
Ich war am Ende meiner Ausbildung auch ein Verfechter von Ligaturen, weil es ja auch irgendwie zeigt, daß ma sich auskennt usw. Erst kürzlich habe ich meine Meinung geändert, als ich zum ersten mal ein komplttes Buch gelesen habe, das mit Ligaturen gesetzt war. Ich war selbst erstaunt, daß mich das dermaßen gestört hat.

Das mit den 99% ist natürlich quatsch, damit wollte ich nur zum Ausdruck bringen, daß 99% der Leute eine gute Typographie nicht bewusst als solche erkennen (wohl aber merken, wenn sie nach 30min. lesen Kopfschmerzen bekommen <- nicht wegen den Ligaturen, sondern wegen miesem Satz allgemein). Und ich denke, daß ist auch in Ordnung so.
Ich stehe auf dem Standpunkt, daß man eine gute Typographie garnicht erkennen soll, aber eben merken. Ich sehe heute viele Texte, die komplett durchgestaltet sind, mit Initialen, Ligaturen, Verschnörkelungen, Farben etc. Für meinen bescheidenen Geschmack ist das zu aufdringlich. Die Fahne in die Luft: "Guck mal, ich bin ein Designer!". Und nicht selten geschieht soetwas auf Kosten der Lesbarkeit.
Und dann gibt es auch den Fall, das manche nicht richtig mit solchen Stilmitteln wie Ligaturen, Caps und Mediävalziffern umgehen. Ich sehe z.B ständig Tabellensatz mit Mediävalziffern. Das gehört da aber eben einfach nicht hin! Genauso wie jetzt jeder Pizzadienst TheSans-Caps oder Copperplate (kann's einfach nicht mehr sehen) auf seinem Flyer hat. Hallo, das ist eine Schrift, die schreit förmlich: "EDEL!". Und nicht: "JETZT BESTELLEN!".
Du hast recht, wenn Du sagst, es ist eine Gewöhnungssache und das geschulte Auge, wird die guten Ligaturen eher als angenehm, denn als störend empfinden. Aber wenn man sein ganzes Leben lang Text ohne Ligaturen gelesen hat, stockt der Lesefluss, bei solch ungewohnten Zeichen. Das liegt mit Sicherheit auch daran, daß man als Deutscher in einem Land aufwächst, in dem schon die Schulbücher katastrophal gesetzt sind und ich auch selten alte Bücher lese.

Zitat Der Sterne-Koch, wenn mir dieser so schamlose wie hinkende Vergleich gestattet sei, wird auch nicht gern für Gäste auftischen, denen Herkunft und Zubereitung der Speisen egal ist – »Hauptsache, es macht satt«.

Da ich generell ein Freund solcher Vergleiche bin, nehm ich das mal auf.
Mein Standpunkt hinsichtlich der Typographie ist "Hauptsache es schmeckt", mir ist es ziemlich egal, ob der Koch die Sauce in kunstvollen Schnörkeln über den Teller zieht. Was meine obigen Beispiele mit den Mediäval-Ziffern in Tabellensatz und Caps auf dem Pizzaflyer angeht: das ist, wie wenn ich zu McDonalds gehe und die mir Silberbesteck und ein Blatt Petersilie neben meinen BigMac legen.

Zitat Die Nichtverwendung ergibt nicht zwangsläufig schlechte Typografie, aber wer von uns sich (auch) als Künstler versteht, ist nicht von vornherein verpflichtet, sich von einer noch so großen Anzahl »Banausen« in seinen Möglichkeiten beschränken zu lassen.

Jau.

Zitat Wenn Ligaturen fünfeinhalb Jahrhunderte nach der Gutenberg-Bibel etwas aus der Mode gekommen sind – dann bringen wir sie eben jetzt wieder in selbige!

Schön :-)


als Antwort auf: [#221288]
(Dieser Beitrag wurde von koder am 1. Apr 2006, 23:56 geändert)

Ligaturen - ja oder nein?

Philyra
Beiträge gesamt: 509

1. Jun 2006, 00:21
Beitrag # 21 von 24
Beitrag ID: #232291
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Ich bin immer ein Ligaturenfreund gewesen, weil es etwas mit Liebe zu tun hat, wenn man sich darum kümmert. Ohne Ligatur wirkt es immer lieblos. Das stört mich immer besonders, wenn ich eine Überschrift in der ZEIT lesen. Da stört das unligierte fi wie eine Rotzfahne an der Nase.

Dürfte ich zu der Frage "Totalpriorität der Typographie ist die Transportfunktion" mit einem Gleichnis daherkommen? Wenn Leute beginnen, sich als Schriftsteller zu betätigen, glauben sie immer, die Geschichte an sich sei das Wesentliche, die Sprache sei nur dazu da, die Handlung unauffällig zu transportieren. Die Ansicht behauptet, daß die Sprache nur eine Funktion zu erfüllen hat. Aber fortgeschrittene Autoren und anspruchsvolle Leser wissen, daß die Sprache wichtiger ist, sie gibt den Sound. Es gibt ja viele Bücher mit minimaler Handlung, die durch die Sprache phantastisch sind. Umgekehrt wird kein gutes Buch daraus.

Genauso gehts mir bei Typographie. Natürlich muß der Text lesbar sein. Aber solange es kein Manierismus ist, darf ein Text doch detailverliebt und meisterhaft gesetzt sein (Wer Ligaturen unästhetisch findet, läßt sie natürlich weg). Wenn man die Zeit dazu hat. Was ist denn daran schlecht, wenn sich jemand für 20 Euro ein gutes Buch kauft und irgendwo auf der ersten Seite auf eine Ligatur stößt und das Lesen mal kurz fürs Staunen unterbricht? Das ist gehört doch zu einem Buch dazu, genauso wie das Anfühlen des Papiers und der Geruch. Die ältesten Schriftzeugnisse stammen aus dem 46. Jahrhundert vor Christus. 66 Jahrhunderte lang haben die Schreiber/Setzer die Ligatur geliebt. Ligaturen sind so etwas wie die heimliche Pralinenschachtel in der Schreibtischschublade einer Sekretärin, im alten Ägypten und in den Keilschriften ist die multikomplexe sogar das Ziel aller Seeligkeit. Ich mag Bauhaus, aber das ist in diesem Kontext nur ein Augenzwinkern.

Ich fasse mal zusammen: Seit 66 Jahrhunderten ist diese Liebe zum Detail in den meisten Hochkulturen ein ausdrückliches Ziel, bis dann im letzte Jahrhundert ein paar Leute fanden, daß genau das Gegenteil richtig ist. Natürlich haben die nicht unrecht, aber man kauft ein Buch nicht, weil es unproblematisch zu lesen ist, sondern weil man was erleben will.

Grüße,
Daniel


als Antwort auf: [#221315]

Ligaturen - ja oder nein?

Karsten Lange
Beiträge gesamt: 203

9. Feb 2007, 21:15
Beitrag # 22 von 24
Beitrag ID: #275580
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Hallo alle zusammen,

ich muß diesen Thread nochmal nach vorne bringen, auch wenn er schon fast ein Jahr alt ist. Habe aber erst seit ein paar Tagen eine Leidenschaft zu diesem Forum "Typografie" entwickelt.
Ligaturen habe ich bis jetzt auch nicht verwendet, aber mein Interesse ist geweckt, wenngleich in meinem hauptsächlich wissenschaftlichem Satz dies wohl eher nicht zur Anwendung kommen wird/sollte!?
Abgesehen davon stellen sich mir ein paar grundsätzliche Fragen. Ich arbeite branchenunüblich mit einem PC und dort gibt es zumindest in den Postscriptfonts keine Ligaturen - mal abgesehen von AE und OE ... Trotzdem kann InDesign für diese Fonts Ligaturen "erzeugen". Wie geht denn das?
Ich arbeite allerdings mit QXPress 6.x und dieses unterstützt am PC - aus o.g. Gründen - keine Ligaturen. Mit der 7er Version wird es möglicherweise anders aussehen?
Aber obwohl man nun in InDesign Ligaturen verwenden kann, werden diese ja überall verwendet! Unabhängig von den Regeln im Duden. Mit anderen Worten kann man die Funktion auch knicken.
Also muß man manuell ran. Je nachdem wieviel Ligaturen (nur fl, fi, ff oder auch ffl, ffi usw.) man verwenden möchte, ist das natürlich ein ganz schönen Aufwand. Kommt natürlich auch auf die Rückenstärke und Bildanteil an :-)) Drum denk ich mir, das wär doch mal eine schöne Herausforderung zum programmieren. Aber vielleicht habt ihr ja auch schon einen Workaround, wie man relativ leicht quasi halbautomatisch zu richtig gesetzten Ligaturen kommt. Mit OTF stehen mir ja nun auch die Ligaturen zur Verfügung.
Also abschließend die Frage an diejenigen mit praktischen Ligaturerfahrungen: Ist der manuelle Aufwand sehr hoch oder ist er geringer als man gemeinhin denken könnte?

Danke und Gruß Karsten.


als Antwort auf: [#216240]

Ligaturen - ja oder nein?

xpressio
Beiträge gesamt: 1584

9. Feb 2007, 22:29
Beitrag # 23 von 24
Beitrag ID: #275585
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hallo Karsten,

lies Dir mal das durch: http://www.hilfdirselbst.ch/...?post=257380#257380. Dieser Beitrag zeigt sehr gut die Grenzen von Ligaturen auch oder gerade mit OpenType-Fonts auf, unabhängig vom verwendeten Programm. Um QXP 7 wirst Du aber nicht herumkommen, wenn Du sie verwenden willst.


als Antwort auf: [#275580]

Ligaturen - ja oder nein?

Karsten Lange
Beiträge gesamt: 203

9. Feb 2007, 23:42
Beitrag # 24 von 24
Beitrag ID: #275591
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Abend xpressio,

Du gehst wohl nie schlafen und schaltest wohl auch nicht den Computer aus? Bist so oft die Nummer Eins beim antworten - einfach Klasse!
Danke für den Link und ich habe mal meinen Senf dort zum Besten gegeben.

Schönen Abend und ein gutes Wochenende - Gruß Karsten.


als Antwort auf: [#275585]
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