Wenn ich dich richtig verstehe, wünschst du dir die Zeiten zurück, in denen die Schwarzkünstler ihren etablierten Status geniessen und nicht jeder seinen Bleisatz zu Hause vorbereiten konnte. Aber auch damals wurden Hilfskräfte eingesetzt, die nicht richtig wussten, was sie taten. Vielleicht war damals ihre Hemmschwelle, Dinge zu tun, von denen man genau wusste, dass man die Finger davon lassen sollte, etwas grösser. Und man hatte Respekt vor den echten Helden der Branche.
Das ist übrigens nicht nur bei uns so: Jeder fummelt heute an seinem Auto herum, montiert Starkstromleitungen zu Hause, pfuscht in seinem Garten umher, schreibt Word-Dokumente mit manuellen Trennungen oder renoviert mal kurz sein Wohnzimmer.
Das dies heute nicht mehr so ist, ist kein Problem des grafischen Gewerbes, sondern der Gesellschaft. Und dass du ein Problem hast mit schwieriegen Fällen, deren Unwissen du reparieren musst, ist nicht mein Problem. Und auch nicht das von Quark. Um ein Auto steuern zu dürfen, legt man eine Prüfung ab. Ein Ausrutscher im Strassenverkehr tut weh, ein Ausrutscher in XPress nicht. Es gibt auch keine Prüfung. Jeder Idiot darf sich Grafiker schimpen. Der eine Nachbar erstellt dem anderen eine Visitenkarte. Wahrscheinlich viel eher als dass er den Nachbarn an sein Auto heranlassen würde. Das ist der hauptsächliche Unterschied.
Ich sage meinen Kunden klar, was möglich ist und was nicht. Und wenn sie selber etwas verbocken, bezahlen sie es teuer. Nicht kundenfreundlich? Mag sein, aber auch ziemlich respektlos, was Kunden zum Teil erwarten. Und ich mag respektlose Kunden nicht. Dies hat mir schon manchen Ärger erspart. Nein, alle Unmöglichkeiten kann ich leider nicht auf Xpress abwälzen. Und wenn, würde es der Kunde nicht verstehen, dass es heutzutage sündhaft teure Programme gibt, die in eingen Bereichen nur ansatzweise einen Teil dessen tun, was sie eigentlich tun sollten. Ich verstehe es ja selber auch nicht, muss es aber akzeptieren.
Programme mögen für die Masse gemacht sein. Aber die "Masse" im DTP-Segment hat mit der Einführung von Computern in jeden Haushalt rapid zugenommen, also ist die "Masse" um einiges grösser als noch vor einigen Jahren. Ich habe keine Angst davor, dass das Unwissen zunehmen sollte. Die Jahre der Selbstüberschätzung von Unwissenden scheinen zu Ende zu gehen. Und nämlich gerade weil die Programme immer mehr können, mache ich immer wieder die Erfahrung, dass die Kunden sehr gerne die Finger davon lassen. Ich baue immer weniger Content Management Systeme in Websites ein, weil die Kunden kapiert haben, dass es nicht ganz so einfach ist, wie überall erzählt wird. Ich gebe InDesign-Daten dem Kunden ohne Skrupel in die Hände und weiss genau, dass er wieder zurückkommen wird, weil er es einfach nicht kann. Und mit XPress ist das nicht anders. Im Gegenteil, XPress liegt nicht in jedem Architektur-Büro so herum wie die gesamte Adobe-Palette.
Ohne Grundwissen geht gar nichts. Nicht beim Auto, nicht im Garten, nicht in der Elektrik. Unser Know-how und der Funktionsumfang unserer Tools waren vor vielen Jahren unsere Rettung und werden es auch in Zukunft wieder sein.
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iMac 27 / 3,4 Core i7 / 32 GB RAM / 2 GB VRAM / Mac OS X 10.8.5