Liebe Renaten du hast es nicht anders gewollt :-)) Jetzt musst du vermutlich mein Posting ausdrucken, denn es wird seeeehr lang :-)
Das Arbeiten im RGB-Arbeitsfarbraum bietet wesentliche Vorteile, die meines Wissens auch Jan-Peter Homann in seinen Büchern anspricht. Ich werde dir einige Vorteile des RGB-Workflows nennen:
Im RGB-Modus greifen Farbkorrekturen (Basisfarbkorrekturen, Farbstichkorrekturen, globale und partielle Farbkorrekturen) wesentlich besser und effektiver. So lassen sich Farben mittels Gradationskorrekturen wesentlich enfacher korrigieren. Der Rotkanal entspricht hierbei dem Cyananteil, Grün dem Magentaanteil und Blau dem Gelbanteil. Wer einmal angefangen hat Farbkorrekturen im RGB-Modus zu machen, wird meistens wensentliche Vortschritte beobachten können.
Im RGB-Modus sind alle Filter wählbar, was ein weiterer Vorteil sein kann.
Und jetzt kommen die technischen und workflowspezifischen Vorteile einer Bildbearbeitung im RGB-Modus: Leider werden auch heute noch sehr oft gleich nach dem Scannen die Bilder vom RGB in den CMYK-Modus transformiert. Dadurch verspielt man leider schon einige Trümpfe. Nach der Modusänderung und der somit erfolgten Farbraumtransformation vom RGB in den CMYK-Farbraum (nicht zu verwechseln mit der Farbseparation, was lediglich das Aufteilen der eigentlichen Farbkanäle bezeichnet) befindet man sich in höchstem Grade in einem Ausgabeabhängigen Farbraum. Das heisst, dass von jetzt an nur mit Farb,- Zeichnungs- und Gamutverlusten zu einem grösseren CMYK-Farbraum gewechselt werden kann. Es ist beispielsweise nicht möglich, eine Litho, welche für den Zeitungsdruck im CMYK-Modus aufbereitet wurde, anschliessend wieder für einen Druck auf gestrichenem Papier zu optimieren. Die dadurch entstehenden Farbverluste wären markant.
Im RGB-Modus befindet man sich zwar auch in einem Ausgabeabhängigen Farbraum (Der Monitor ist auch ein Gerät welches verschiedenen Abhängigkeiten und Schwankungen unterworfen ist), trotzdem bezeichnet man den RGB-Farbraum als medienneutral, wobei ich mich auf den Adobe-RGB oder den ECI-RGB-Farbraum beschränken möchte. Oftmals werden Bilddatenbanken mit RGB-Bildern (oder LAB) gespeist, weil diese bezüglich der Weiterverarbeitung offen und neutral sind. Das Bild kann jetzt für den Glanzdruck, Offsetdruck, Zeitungsdruck oder fürs Internet aufbereitet werden. Wird ein RGB-Bild für den Zeitungsdruck optimiert und vorläufig im RGB-Modus belassen, könnte dieses Bild in letzter Minute noch für ein anderes Verfahren aufbereitet werden. Dies liegt am wesentlich grösseren Gamut (Farbumfang), der mit einem Adobe-RGB-Farbraum möglich ist. Der CMYK-Modus beschreibt nur einen Teilbereich des Adobe-RGB-Farbmodelles.
Der Wunschgedanke eines jeden ColorManagement-Pioniers ist sicherlich das Arbeiten in einem durchwegs medienneutralen Workflow, also RGB oder LAB (am besten 16 Bit LAB). In diesem Verfahren würden sogar RGB-Bilder zum Layouten verwendet und erst im RIP oder durch eine ColorManagement-fähige Software die Farbraumtransformationen auf ICC-Basis durchführen kann (Adobe InDesign oder ein ColorServer oder ColorSync auf Macintosh, ICM auf Windowsbetriebssystemebene) bei der Ausgabe in den Zielfarbraum (CMYK) transformiert. Somit bleibt man bis zum Schluss neutral für mehrere Medien.
Crosspublishing wird das auch genannt. Es versteht sich von selber, dass in einem durchwegs medienneutralen Workflow viel mehr technische Voraussetzunger erfüllt werden müssen, wenn man fehlerfrei und qualitativ hochstehend arbeiten möchte. Es wird erstens einiges an KnowHow verlangt, andererseits benötigt es aber auch in jedem Produktionsbereich Hard- und Software, die ein medienneutrales Arbeiten mit durchgängigem ColorManagement (auch im Layout) erlauben. Mit QuarkXPress dürfte das sehr schwierig und umständlich werden.
Ich empfehle daher, und das ist eine sehr wichtige Aussage, dass die Bildbearbeitung ruhig im RGB-Modus erfolgen darf/soll/müsste und nach der Beendigung der Bildbearbeitung nach CMYK konvertiert werden kann. Somit werden ebenfalls CMYK-Bilder ins Layout gestellt. Das unterscheidet sich nicht mehr von dem Workflow, den du dir sicherlich gewöhnt bist. Trotzdem könntest du das RGB-Bild auch noch speichern und wärest somit auf der sicheren Seite, wenn das Bild für ein anderes Medium gebraucht wird.
Das Bearbeiten von Bildern im RGB-Modus bietet nebst den Filtern und den Farbkorrekturen weitere Vorteile. Stell dir einmal vor, du transformierst gleich am Anfang dein Bild von RGB nach CMYK. Hierbei werden einige Prozesse durchlaufen. Eine auf ICC-Profilen basierende Farbraumtransformation erfolgt. In jedem ICC-Profil befinden sich Angaben über den Farbaufbau, UCR/GCR-Parameter, Gesamtfarbauftrag, Weisspunkt und Renderprioritäten. Ein nach CMYK transformiertes Bild sollte daher NICHT mehr verändert werden! Wieso? Stell dir vor, du veränderst deinen Bildkontrast oder die Bildschärfe in einem CMYK-Bild. Einerseits kann das zur Folge haben, dass der Gesamtfarbauftrag die Schwelle der im ICC-Profil hinterlegten Toleranz überschreiten wird. Das kann im Zeitungsdruck zu massivsten Problemen führen. Ausserdem können sich durch Farbkorrekturen wie Farbton/Sättigung usw. die Farben im CMYK-Modus so verändern, dass sie im Druck gar nicht mehr darstellbar sind. Man nennt diese Farben Out of Gamut, also ausserhalb des möglichen Druckfarbraumes. Photoshop kann dich darauf aufmerksam machen, sobald du die Farbumfangwarnungen aktivierst.
Bei einer Bildbearbeitung im RGB-Modus entfallen all diese Probleme. Der Gesamtfarbauftrag wird korrekt bleiben, weil dieser bei der finalen Farbraumtransformation auf den korrekten Wert reduziert wird. Durch die Wahl eines korrekten Rendering-Intents können Out of Gamut liegende Farben so in den Druckfarbraum skaliert oder abgebildet werden, dass die Farbbeziehungen erhalten bleiben. Sobald aber im CMYK-Modus weiter gearbeitet wird, dann wird mit jeder Korrektur dieses Gleichgewicht verschoben.
Ich werde ab Juni in der SCA in Zürich Kurse über ColorManagement in Adobe-Applikationen geben. Die Bildbearbeitung in medienneutralen Workflows wird ein Thema sein. Wenn es dich interessiert, ich würde mich freuen :-) Gerne stehe ich dir auch hier im Forum für weitere Fragen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüssen
Michel Mayerle
ulrich-media
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